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Stellungnahme zu den Jahresabschlüssen 2024

Thomas Zachler | Finanzpolitischer Sprecher der SPD-Fraktion
Sehr geehrter Herr Landrat Dallinger,
werte Kolleginnen und Kollegen,
sehr geehrte Zuhörerinnen und Zuhörer,
"Wir können den Wind nicht ändern, aber die Segel anders setzen".
Diesen Satz habe ich kürzlich im Zusammenhang mit sportlichen Zielvereinbarungen gelesen und der passt auch zum heutigen Tag.
Denn: Um Segel überhaupt setzen zu können, braucht es Segeltuch.
Und neues Segeltuch kostet Geld.
Und schon wieder haben wir das Dilemma mit dem leidigen Geld.
Aber warum ist mir dieser Satz aufgefallen?
Eben, weil sich der Wind, und damit meine ich den finanziellen Gegenwind, in den letzten drei Jahren so immens gedreht hat.
Deswegen will ich bei der Interpretation der 2024er Jahresrechnungen auch nicht gleich mit dieser beginnen, sondern zwei Jahre zurückblättern.
So waren noch in der Stellungnahme im Juli 2023 zu den Jahresrechnungen 2022 von unserem Fraktionsvorsitzenden Ralf Göck die nachfolgende Sätze zu hören:
„Sehr gerne spreche ich heute über den Jahresabschluss 2022 des Kreises und seines Eigenbetriebs Bau und Vermögen, natürlich, weil es einmal mehr sehr gute Zahlen sind.
Und weiter: Ich rede gerne über positive Zahlen und lobe gerne diejenigen, die das umgesetzt haben, weil das die Menschen motiviert.
Motiviert, eben auch in schwierigen Zeiten Kurs zu halten.
Daher lautet mein Credo in diesem Jahr „Volle Kasse 2022 macht den Rhein-Neckar-Kreis resilient“. Ja, wir können wieder rundum zufrieden sein: die freien liquiden Mittel beim Kreis sind auch Ende 2022 wieder deutlich höher als im Plan und deutlich höher als 2021. Daher mein Urteil „Die Kasse ist voll“.
Das ist gerade einmal zwei Jahre her.
Knappe vier Monate später, im Oktober 2023, bekamen wir bei der Einbringung des Arbeitsentwurfs / Finanzentwurfs für 2024 dann schon sehr nachdenkliche Töne zu hören:
„ Wir sind in den anderen Zeiten angekommen und es zeichnet sich ab, dass sich die Rahmenbedingungen für eine verlässliche Haushaltsplanung drastisch verändert haben.
Das bedeutet, dass die Erarbeitung des Haushaltes für das Jahr 2024 nur durch einen großen, gemeinsamen kommunalen Kraftakt zu bewältigen sein wird.
Die Gründe für die dramatischen Verschlechterungen im laufenden Haushaltsjahr und die weiteren Eintrübungen für die Planzahlen für das Jahr 2024 sind vielfältig:
Die Folgen des Krieges in der Ukraine sind verbunden mit einer hohen Inflationsrate und steigenden Beschaffungskosten, sowohl im Energiesektor aber auch bei den Investitionen.
Steigende Zinsen am Kreditmarkt wirken sich auf den Bausektor aus und beim Kreis somit auch deutlich spürbar bei den Grunderwerbsteuereinnahmen mit Rückgängen in Millionenhöhe. Die Tarifsteigerungen, die verständlich und nachvollziehbar notwendig sind, belasten nicht nur direkt die Personal-Aufwendungen, sondern strahlen auch in die sozialen Leistungen aus, die durch Dritte im Auftrag des Kreises erbracht werden. Die Kosten im Sozialetat des Rhein-Neckar-Kreises werden daher gravierend ansteigen. Nicht zuletzt sind auch hohe Defizite aus dem Gesundheitswesen durch den Träger Rhein-Neckar-Kreis abzudecken. Gleichzeitig wollen wir gemeinsam den Klimaschutz voranbringen, was wiederum auch einen erheblichen Invest bedeutet. Und dies alles mit einer viel schwierigeren Ausgangslage als in früheren Jahren. Das laufende Jahr 2023 wird sich nach derzeitiger Einschätzung deutlich verschlechtern und die liquiden Mittel werden nicht mehr ausreichen, um im kommenden Jahr wieder ein hohes negatives Ergebnis kompensieren zu können.
„Werte Kolleginnen und Kollegen, und, was haben wir dann damals gemacht?
Wir haben gleich einen Tag nach Einbringung des damaligen Arbeitsentwurfs in einer Sondersitzung des Verwaltungs- und Finanzausschusses den Arbeitsentwurf des Haushalts einer tieferen Betrachtung unterzogen, die Gesamtsituation erörtert, aber auch um konkrete Einsparvorschläge gerungen.
Die Verwaltung selbst hatte bereits in mehreren internen Runden die dann vorgelegten Ansätze nach Kürzungsmöglichkeiten durchforstet und auch versucht, durch Gegensteuerungsmaßnahmen das voraussichtliche Ergebnis des Jahres 2023 noch zu verbessern, indem nur die unbedingt notwendigen Ausgaben freigegeben werden. Aber, und jetzt sind wir in der Reihe fallender Dominosteine angekommen.Einsparungen bedeuten eben nicht nur geringere Aufwendungen in Euro, sondern auch verminderte Leistungsangebote. Und Einschnitte in Freiwilligkeitsleistungen jeglicher Art tun ebenso weh, wie möglicherweise Kürzungen bei den Investitionen für die Schulen oder im Straßenbau. Eine zu knappe Ausstattungen bei Personalaufwendungen und Arbeitsplätzen wirken sich beispielsweise auf die Bearbeitungszeit von zum Teil existenziellen Leistungen für die Antragsteller aus. Dann gilt es wiederum, die Belastungsgrenze der Mitarbeitenden im Auge behalten und ebenso die Schwierigkeiten zu überbrücken, ausreichend Fachkräfte überhaupt zu finden und zu halten.
Ja, werte Kolleginnen und Kollegen, das war der Ausgangspunkt vor etwas mehr als anderthalb Jahren, den wir bei der Haushaltsplanung berücksichtigen mußten: Natürlich fielen die internen Sparmassnahmen beim Kreis schwer und eine Erhöhung der Kreisumlage waren die Folgen dieser Gemengelage.
Heute, beim Vorliegen der Jahresrechnungen sehen wir die damaligen Befürchtungen bestätigt. Die einfache Kürzung eines Etats hat es nicht gebracht. Und da komme ich wieder zu den Segeln, die müßten anders gesetzt werden …
Denn in den vergangenen beiden Jahren haben erneut verschiedenste Krisen die Agenda unseres Kreises und die der angehörigen Städte und Gemeinden geprägt.
Hier war es dann einmal mehr wichtig, neben den multiplen Akutkrisen auch die überlappenden Langzeitkrisen nicht aus dem Blick zu verlieren, sondern auch hier proaktiv unterwegs zu sein. Dies gilt zunächst für die Klimakrise, die in den Jahren 2022 und 2023 mit dem jeweils heißesten Sommer seit Beginn der Aufzeichnungen traurige Rekorde gefeiert hat. Hier zeigt es sich deutlich, dass es gerade im kommunalen Bereich eine nachhaltige strukturelle Finanzierung von Klimaschutzmaßnahmen braucht, die mit einem möglichst geringen Einsatz an Finanzmitteln ein Maximum an CO2-Einsparungen generieren. Aber nicht nur die Klimakrise, auch die demografische Krise verschärfte und verschärft sich zusehends. Pflegenotstand, Kita-Notstand, Ärztenotstand, Fachkräftenotstand – dies alles sind Themen, die die Kreisverwaltung, aber auch die Fraktionen, die Mitglieder des Kreistags zuletzt massiv umgetrieben haben. Und man muss es realistisch sehen: Künftig wird es immer weniger betreuende und immer mehr zu betreuende Menschen geben.
Nun aber ans richtig Eingemachte: Seit 2017 ist die deutsche Wirtschaft lediglich um 1,6 Prozent gewachsen und liegt damit weit unter dem EU-Durchschnitt von 9,5 Prozent. Strukturelle Schwächen wie hohe Energiekosten, geringe öffentliche Investitionen und eine übermäßige Abhängigkeit vom Export haben die Stagnation verfestigt. Hinzu kommen immer weiter steigende Ausgaben im Sozial- und Jugendbereich durch ansteigende Fallzahlen, hohe, individualisierte Standards und gestiegene Leistungsentgelte. Weiterhin tragen die notwendigen Verlustabdeckungen bei der GRN gGmbH zu spürbaren Belastungen des Kreishaushalts bei. Das Ganze in wenigen Zahlen.Nach der Haushaltsplanung 2024 sollte der Gesamtergebnishaushalt mit einem negativen Gesamtergebnis von -26,5 Mio. € abschließen. Mit dem vorliegenden Ergebnis von -29,7 Mio. € ist das geplante Ergebnis um -3,2 Mio. € im negativen Sinne übertroffen worden, was aber auch mit den eingegangenen Haushaltsermächtigungen zusammenhängen mag. Wir konnten somit den Ressourcenverbrauch nicht erwirtschaften. Der Bestand der Rücklage, der zum Ausgleich eventuell künftig entstehender Fehlbeträge verwendet werden kann, reichte 2024 zur Deckung nicht aus, sodass ein Fehlbetrag in Höhe von 7,7 Mio. € vorgetragen werden musste. Ein weiterer Fehlbetrag beim Sonderergebnis in Höhe von 1,1 Mio. € musste zu Lasten des Basiskapitals verrechnet werden.
Kurzer Sprung ins Drei Komponenten Modell: Mit dem Ergebnis der Finanzrechnung (Einzahlungen/Auszahlungen) wird der Geldverbrauch dargestellt. Bei der Planung war von einem Zahlungsmittelbedarf aus laufender Verwaltungstätigkeit in Höhe von 14,2 Mio. € ausgegangen worden. Zum Ende des Haushaltsjahres stellt sich dieser Zahlungsmittelbedarf mit 6,8 Mio. € deutlich besser dar. Es wurde also weniger „verbaut“ als geplant. Da die Ergebnisrechnung aber keinerlei Mittel zur Verfügung stellen konnte, um den Finanzierungsmittelbedarf aus der Investitionstätigkeit zu decken, mußten die flüssigen Mittel verbraucht und Schulden gemacht werden, wenn auch nicht so viele wie geplant. Unter Berücksichtigung der aufgenommenen Kassenkredite betragen die liquiden Mittel zum 31.12.2024 rund -10,2 Mio. €. Der Wert der Sollvorschrift des § 22 Abs. 2 GemHVO (13,5 Mio. €) wird dabei klar verfehlt (die sog. Mindestliquidität). Für die Bewertung der finanziellen Lage ist neben der Betrachtung der Ergebnisse aus der Ergebnis- und Finanzrechnung auch die Entwicklung und der Stand der Liquidität sowie die Höhe der Verschuldung ein wichtiger Gradmesser. Was aber auch klar sein dürfte: für das noch laufende Jahr 2025 ist mit einer wesentlichen Verbesserung der wirtschaftlichen Lage in Deutschland nicht zu rechnen. Gleiches gilt auch für die kommunalen Haushalte. Die neue US-Regierung, welche schon nach wenigen Wochen nach Amtsantritt für maximale Verunsicherung am Weltmarkt gesorgt hat, trägt außerdem kolossal dazu bei, dass mit einer Verbesserung der wirtschaftlichen Situation nicht zu rechnen ist. Insofern sind weiterhin erhebliche Mehrbelastungen durch wegbrechende Einnahmen und zusätzliche Ausgaben zu erwarten, wie sich auch aus der jüngsten Mai-Steuerschätzung 2025 für die Jahre 2025 – 2029 erahnen lässt. Die Jahresabschlüsse 23 und 24 sowie die Prognosen für die Jahre 2025 und 2026 machen deutlich, wie fragil und von äußeren Einflüssen abhängig die kommunale Finanzwirtschaft ist. Noch 2022, jetzt komme ich wieder zum Anfang zurück, schien die Finanzkraft des Kreises nahezu unverwüstlich zu sein. Dass dem nicht so ist, hat uns dieses Ergebnis, wie schon 2023, nochmals deutlich vor Augen geführt.
Was ist also zu tun – neben einer eigenen vernünftigen Planung und Nutzen aller Spielräume zur Kostensenkung?Und damit komme ich ganz zurück an den Anfang: ohne neues Segeltuch ist ein Setzen der Segel für den Trip in die Neue Welt schlicht unmöglich.
Und jetzt sind wir am Punkt: Die Krise, die uns Kreisräte im Berichtszeitraum am stärksten beschäftigt hat, ist zweifellos die Krise der Kreisfinanzen. Aber sie ist nicht allein vom Kreis zu bewältigen. Der Schuldenstand des Rhein-Neckar-Kreises stieg allein in diesem Jahr auf 109,1 Mio. Euro an, das sind zwar 15,6 Mill. Euro niedriger als bei der Planung damals prognostiziert, aber ein Plus von fast 17,5 Mio. als im Dezember 2023. Und, über die Gemarkungsgrenzen zu schauen: ab 2025 befinden sich die Haushalte der Landkreise in Baden-Württemberg dann wohl endgültig im freien Fall. Denn das Gros der Rücklagen wurde bereits in diesem Jahr zur Stabilisierung der Haushalte eingesetzt. Die Defizite namentlich im Sozial- und Krankenhausbereich werden dann ab 2025 endgültig nicht mehr durch Entnahmen aus der Rücklage gedeckt werden können. Für diese krisenhafte Entwicklung auch unserer Kreisfinanzen gibt es sicherlich eine ganze Reihe von Gründen. Die Hauptursache für die eben nicht nur konjunkturell, sondern strukturell bedingte Schieflage der Kreisfinanzen ist, dass in den vergangenen Jahren die gesetzlichen Pflichtaufgaben der Landkreise beständig ausgeweitet wurden und die Erledigungskosten aus bestehenden Pflichtaufgaben regelrecht explodiert sind, ohne dass es dafür einen auch nur annähernd ausreichenden finanziellen Ausgleich gegeben hätte. Beispielhaft zu nennen sind die Eingliederungs- und Jugendhilfe sowie die Krankenhausversorgung. Angesichts des Finanzierungsdeltas, das sich zwischen der Kostenbelastung des Landkreises aus der Erfüllung von Pflichtaufgaben einerseits und ihrer aktuellen finanziellen Ausstattung andererseits auftut, wird es ohne eine entschiedene Priorisierung und vor allem auch eine Posteriorisierung im Bereich der Pflichtaufgaben nicht gehen. Diese Vor- und Nachrangigkeiten im Bereich der Pflichtaufgaben verbindlich zu regeln, obliegt in unserer rechtsstaatlichen Demokratie dem Gesetzgeber auf Bundes- und Landesebene. Denn Pflichtaufgaben haben nun einmal die Eigenheit, dass Landkreise, Städte und Gemeinden sie zwingend erfüllen müssen. In einem geordneten Rechtsstaat ist es ihnen gerade nicht erlaubt, rechtlich als verpflichtend ausgewiesene Aufgaben hintanzustellen oder auch nur schleifen zu lassen. Deswegen gilt es heute nochmals deutlich zu machen: Bundes- und Landesgesetzgeber sind zwingend aufgerufen, zum einen den Umfang und die Tiefe kommunaler Pflichtaufgaben sowie zum anderen die finanzielle Ausstattung der Landkreise, Städte und Gemeinden neu zu justieren und wieder ins Lot zu bringen. Hier werden neue Segeltücher gewebt und die Segel gesetzt. Ich sage nur ein Wort: Konnexitätsprinzip.Oder auf gut deutsch: Wer bestellt, der bezahlt auch! Sonst fahren wir bald sehenden Auges und ohne Bremsen an die Wand. Kleiner Lichtblick vielleicht: die in Baden-Württemberg geschaffene Entlastungsallianz könnte hierzu einen großen wichtigen Beitrag leisten, indem sie den Auftrag aus ihrer Gründungsurkunde ernsthaft verfolgt, nämlich „mit einer konsequenten Aufgabenkritik und der gezielten und strukturierten Überprüfung bestehender Standards und Regulierungen, aber auch mit konkreten Maßnahmen zum Bürokratieabbau und zur Verwaltungsmodernisierung (...) die Ressourcen auf die zukunftsweisenden Themen“ zu konzentrieren. Liest sich das nicht ganz grandios? Doch allein mir fehlt der Glaube, wenn so beinahe nebenbei mit der nun beabsichtigten Einführung der sog. Ehrenamtskarte wieder einmal noch mehr Bürokratie an die unteren Verwaltungsbehörden abgegeben werden soll. Zum Ende noch ein Hinweis: Es gerät dann hierbei fast in den Hintergrund, dass am Freitag vor einer Woche auch der BundesHaushalt in den Bundestag eingebracht wurde. Zusammen mit den Sondervermögen steht dann vielleicht endlich so richtig Geld für Investitionen zur Verfügung, die im Land dringend fällig sind. Dass das Geld dann aber auch dort ankommt, wo es gebraucht wird, vor allem auch bei den klammen Kreisen, Städten und Gemeinden, das ist jetzt die Aufgabe, die sich den Abgeordneten in Berlin, aber auch uns als Verantwortlichen hier im Kreis stellt. Straßen, Krankenhäuser, Schulen - der Bedarf ist groß. Und wir als SPD-Fraktion geben die Hoffnung nicht auf, dass wir vielleicht in naher Zukunft die Jahresrechnungen dann endlich wieder positiver bewerten können.
Und stimmen dem TOP mit seinen Unterpunkten zu verbunden mit dem Dank an alle damit Betrauten.
09.08.2025 / KreistagsfraktionMehr
Die Freitagspost: Anja Wilhelmi-Rapp verabschiedet sich vom Team Born

Die letzten drei Jahre war ich privilegiert. Und damit meine ich nicht den fantastischen Blick aus dem Büro im Stuttgarter Landtag, den ich manchmal mitgenießen durfte. Ich meine das echte Privileg, Politik nicht nur beobachten, sondern mitgestalten zu dürfen und ganz nah dran zu sein an den aktuellen Themen, politischen Prozessen und den Menschen, die sie gestalten.
Als Referentin im Wahlkreisbüro von Daniel Born habe ich erlebt, wie politisches Handeln entsteht: im Dialog mit Bürger*innen, im Ringen um gute Lösungen, im ständigen Abwägen. Das war ein neuer Erfahrungsraum, in dem Demokratie für mich eine sehr konkrete, lebendige Dimension erhalten hat.
08.08.2025 / Woche für WocheMehr
Interview mit der SCHWETZINGER ZEITUNG: Daniel Born erlebt „Candy- und Shitstorm“
SCHWETZINGER ZEITUNG: Herr Born, Ihr unbedachter Vermerk eines Hakenkreuzes hinter dem Namen eines AfD-Abgeordneten bei einer Abstimmung im Landtag hat für einigen Wirbel gesorgt. Wie sehen Sie den Vorgang mit einer Woche Abstand?
DANIEL BORN: Ich schäme mich sehr. Es war ein großer Fehler, den ich mir niemals verzeihen kann. Ich habe in einer geheimen Wahl ein Nazi-Zeichen hinter eine Partei voller Nazis gemacht. So darf man sich als Vizepräsident des Landtags selbst bei einem Kurzschluss nicht gehen lassen. Ich bin überzeugter Anti-Faschist und kämpfe für ein Land in dem wir alle in Vielfalt, Inklusion und Demokratie miteinander leben. Die AfD ist eine rechtsextreme Partei, die all das mit Füßen tritt. Permanent verletzt sie ganze Bevölkerungsgruppen in ihrer Menschenwürde. Und sie will unsere Parlamente chaotisieren. Das hat sie an dem Tag wieder geschafft. Weil wir in unseren Parlamenten beweisen, wie wir als pluralistische Gesellschaft diskutieren können und handlungsfähig sind. Das passt der AfD nicht und sie nutzt jede Gelegenheit, um Chaos zu stiften.
SCHWETZINGER ZEITUNG: Bereuen Sie im Nachhinein, dass Sie sich dazu bekannt haben?
DANIEL BORN: Nein, es war ein Fehler und zu seinen Fehlern muss man stehen. Erst recht, wenn die Gefahr besteht, dass über Wochen spekuliert wird und so der Landtag insgesamt Schaden nimmt oder unschuldige Abgeordnete verdächtigt werden. Ich habe unmittelbar nach meinem Outing die Konsequenzen gezogen und bin als Vizepräsident zurückgetreten und habe die SPD-Fraktion verlassen.
SCHWETZINGER ZEITUNG: Auf Youtube und TikTok kursieren etliche Videos von der Stimmzettelauszählung im Landtag. Die AfD hat sofort ihren Rücktritt gefordert …
DANIEL BORN: Einiges davon ist zusammengeschnitten aus verschiedenen Aufnahmen von verschiedenen Tagen. Ich war nicht im Plenarsaal, als der Zettel gezeigt wurde, sondern in meinem Büro. Es ging mir nicht gut. (…)
Das vollständige Interview lesen Sie auf der Website der SCHWETZINGER ZEITUNG >>>
02.08.2025 / Wahlkreis
Die Freitagspost: Eine Woche, wo mir die Worte fehlen für einen eigenständigen Freitagspost-Artikel

Unverzeihlich. So habe ich selbst den Fehler bezeichnet, den ich vor acht Tagen begangen habe. Viele haben sich diesem Urteil angeschlossen. Andere haben mir geschrieben, dass Menschen anderen Menschen immer verzeihen können.
Ich habe am Donnerstag vor einer Woche auf eine Stimmkarte mit Kandidierenden der AfD ein Hakenkreuz gekritzelt. Am nächsten Tag habe ich mich zu meinem Fehler bekannt und sofort die Konsequenzen gezogen: Ich bin als Landtagsvizepräsident zurückgetreten und habe die SPD-Fraktion verlassen.
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Winfried Kretschmann hielt mir zugute, dass ich mich selbst geoutet habe und kommentierte: „Damit hat er Schaden vom Parlament abgewendet – der Schaden bleibt in erster Linie bei ihm.“
Am Wochenende tagten die Parteigremien und sowohl mein Landespräsidium als auch mein Kreisvorstand kamen zu dem Ergebnis, dass ich eine Belastung für den Wahlkampf bin. Diese Einschätzung nehme ich sehr ernst. Darum bin ich am Montag von meinen Ämtern als Kreisvorsitzender der SPD sowie als Mitglied des Präsidiums und des Landesvorstands zurückgetreten.
01.08.2025 / Woche für WocheMehr
Interview mit der STUTTGARTER ZEITUNG: „Nach der Landtagswahl beende ich meine politische Karriere“
STUTTGARTER ZEITUNG: Herr Born, es ist eine Woche her, dass Sie dieses Hakenkreuz gemalt haben. Sie sind sicher kein Rechtsextremer, warum haben Sie das getan?
DANIEL BORN: Das wüsste ich selbst gern. Ich kann es nur laienhaft als Kurzschlussreaktion bezeichnen. Ich war an dem Tag extrem emotional aufgewühlt, weil mich diese Chaotisierung der AfD während der Wahlgängen aufgewühlt hat. Ich erkenne wirklich, dass die AfD versucht, unsere Parlamente lächerlich zu machen. Und ich habe gemerkt, dass mich das zersetzt. Ich hätte an dem Tag den Landtag besser früher verlassen.
STUTTGARTER ZEITUNG: Was meinen Sie genau?
DANIEL BORN: Eins meiner größten Probleme ist, dass wir uns an die AfD gewöhnen. Ich finde es beispielsweise richtig, wenn es Störungen gibt, wenn Frau Weidel ein Sommerinterview halten darf, wie alle anderen auch. Und ich finde es auch richtig, wenn Gemeinden alles tun, dass die AfD nicht in ihre Hallen kann. An dem Tag kamen Äußerungen, wie sie immer wieder kommen. Es war nicht so eskalierend, wie es sonst oft ist. Aber gerade diese Normalisierung, ganze Bevölkerungsgruppen verächtlich zu machen, das ist das, was ich viel gefährlicher finde, als einzelne Schreihalsaktionen von Rechtsextremen. Rechtsextreme Hetze wird dadurch teil von unserem Alltagsdiskurs – dabei darf sie niemals Teil eines demokratischen Diskurses sein.
Das vollständige Interview lesen Sie auf der Website der STUTTGARTER ZEITUNG >>>
01.08.2025 / Landespolitik